Sagen wir mal, ein ausländischer Film spielt in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkriegnote . Er zeigt das Land aus der Sicht des Produktionslandes. Und was sieht das Produktionsland? Eine von Kindesbeinen an (manchmal mit Ausnahme der Pubertät) übergewichtige Bevölkerung, deren männliche Hälfte nie etwas anderes trägt als Krachlederne, Janker und Tirolerhut mit Gamsbart, während Frauen und Mädchen alle Dirndl tragen, gern mit etwas enger geschnürtem Korsett, um das Holz vor der Hüttn zu unterstreichen, und entsprechend tiefem Ausschnitt.
Man hält sich entweder in sehr süddeutsch – interessanterweise häufig eher schwarzwäldisch als oberbayerisch – anmutenden Fachwerkhäusern, in Biergärten oder auf dem Oktoberfest auf, wo frisch aus dem Holzfaß gezapftes Bier aus gigantischen Krügen getrunken wird, derweil deutsche Speisekarten kaum mehr offerieren als Eisbein mit Sauerkraut, Weißwurst mit süßem Senf, Brezn und vielleicht noch a Schweinshaxn. Dazu gibt es dann deftige Blasmusik, die entweder instrumental oder zu erheblichen Teilen mit Jodeln unterlegt ist. Als wenn wir Kraftwerknote und Rammsteinnote nicht hätten.
Im Untertitel steht dannnote Düsseldorfnote , Deutschlandnote . Da könnte alles stehen, vielleicht mit Ausnahme von Berlin und Hamburg, aber außer die Deutschen scheint das niemanden zu stören.
Kurzum: Ganz Deutschland ist ein einziges großes Jodellandnote .
Der Hintergrund dieser Trope ist, daß nach dem Zweiten Weltkriegnote Süddeutschland von den Amerikanern besetzt war und die GIs ganz einfach nichts anderes von Deutschland gesehen haben. Das hat dann das allgemeine Bild der Amerikaner von Nachkriegsdeutschland geprägt, und die USA haben dann ja bekanntlich wiederum fast die ganze westliche Populärkultur der Nachkriegszeit geprägt, insbesondere mit Hollywood-Filmen. Aber seien wir mal ehrlich, das ist immer noch besser, als wenn sie auf ältere Klischees zurückfallennote . Und es macht die deutsche Synchronisation einfacher, denn während im zumeist englischen Originalton die Charaktere englisch mit einem stereotypischen deutschen Akzent sprechen, kann man sie in der deutschen Fassung einfach oberbayrisch reden lassen.
Nicht zu verwechseln mit Alle Deutschen Sind Nazisnote . Das genaue Gegenteil wäre Kaiserreichnote : Alle Deutschen sind Preußen. Das ist allerdings weitgehend aus der Mode gekommen, da Preußen im Gegensatz zu Bayern kurz nach dem Zweiten Weltkriegnote aufgehört hat zu existieren.
Beispiele:
- In Hilfe Die Amis Kommennote landen die Griswolds auf ihrer Europarundreise auch in Deutschland, genauer gesagt, Oberbayern. Um so kurioser ist der Auftritt des Urkölners Willy Millowitsch.
- Charlie Und Die Schokoladenfabriknote schießt den Vogel ab, wie eingangs schon erwähnt wurde: Einer der Kandidaten kommt aus Düsseldorf. Das wird aber nicht dargestellt als die Rheinmetropole, geschweige denn mit Karnevalnote , sondern als von Lederhosenträgern bevölkertes Dorf in Alpennähe.
- Der US-amerikanische Film Bierfestnote basiert zur Gänze auf dieser Trope; der Film ist ebenso ein Beispiel für Schlecht, Aber Gut.
- So gesehen sind auch deutsche Filme nicht davor gefeit. Fast ausnahmslos alle Heimatfilme spielen im ländlichen Schwarzwald oder Alpenvorland, weil dort — und im Grunde fast nur dort — auch unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg keine Auswirkungen des Krieges zu sehen oder zu spüren waren und es so als prima Schauplatz für Heile-Welt-Filme geeignet war.
- Uter von den Simpsonsnote ist ein interessantes Beispiel. Im englischen Original ist er deutscher Austauschschüler und erfüllt diese Trope praktisch komplett, natürlich ungeachtet der Tatsache, daß sein Vater eine leitende Position in einer Düsseldorfer Kaugummifabrik hat. In der deutschen Fassung hat man ihn dagegen zum Schweizer gemacht, weil das den Wortwitz des Originals besser erhält – und vielleicht erinnern seine Zweideutigkeiten so auch weniger an die Sexfilmchen aus den 70ernnote .
- Weil Dougnote einen Quotenausländer (Fentruck) hat, mußte Pepper Annnote folglich auch einen haben, und das ist Dieter Lederhosen. Er ist eine Art disneyfizierter Uter, aber kein Austauschschüler, sondern der in Hazelnut geborene und aufgewachsene Sohn eines aus Deutschland immigrierten Ehepaares. Obwohl er somit auf dem Papier Amerikaner ist, trägt er die namensgebenden Lederhosen, hat eine Vorliebe für Schokolade und spricht immer noch oberbayerischen Dialekt.
- Seit das Oktoberfest von München aus auch in andere Städte exportiert wurde, erscheint diese Trope jedes Jahr im Frühherbst ziemlich realitätsnah.